Ein schwieriger Sommer
Vorwort von Markus Wolf, CEO der Weissen Arena Gruppe
In den Berichten über die vergangenen zwei Sommer 2020 und 2021 durfte ich zu Superlativen greifen. Meine im letzten Bericht geäusserte Frage, welche Effekte aus den starken Sommergeschäften während der Pandemie nachhaltig zu erzielen seien, wurde inzwischen beantwortet. Wir sind nämlich wieder in der vorpandemischen Realität angekommen und mussten im Berichtsjahr wieder ein deutlich schwächeres Sommergeschäft konstatieren als in den beiden Vorjahren. Nachdem der Vorverkauf der Topcards im Frühling noch einmal stärker verlief als im Vorjahr (+6,1%) vermochten die Gästezahlen anschliessend nicht mehr mit den Pandemiejahren mitzuhalten. Mit 1 015 581 Ersteintritten (Vorjahr 1 138 607) und 114 189 Logiernächten (Vorjahr 150 058) konnten nicht annähernd die Rekordwerte des Vorjahres erzielt werden. Vorerst scheint es sich um einen anhaltenden Trend der nachpandemischen Fernreisefreudigkeit zu handeln. Ob, wann und in welchem Ausmass die Sommergäste wieder in die Berge zurückkehren werden, wird die Zukunft zeigen.
Erneute Unruhe in der Winterplanung
Nach den existenziellen Herausforderungen der beiden Vorjahre aufgrund der Pandemie, beunruhigten uns in diesem Sommer die Fragen nach einer möglichen Energiemangellage und den daraus resultierenden Konsequenzen. Politisch galt es, eine Benachteiligung der Bergbahnunternehmen zu verhindern, während operative Szenarien für alle möglichen Situationen erarbeitet wurden. Kommunikativ war es wichtig, den Schneesport und insbesondere die technische Beschneiung nicht als unnötige Stromfresser in der öffentlichen Wahrnehmung darzustellen. Einmal mehr gelang es der Branche sehr gut, sich politisch und kommunikativ gut zu positionieren und den potenziellen Schaden in Grenzen zu halten. Inwiefern sich in den Köpfen unserer Gäste dennoch so etwas wie ein schlechtes Skifahrer-Gewissen installiert hat, kann nicht abgeschätzt werden. In jedem Fall war die Unruhe und der Arbeitsaufwand in diesem Zusammenhang massiv und hinderlich für eine angemessene Saisonvorbereitung. Glücklicherweise verlief das Projekt zur signifikanten Optimierung der Wasserversorgung am Crap Sogn Gion zur Unterstützung einer leistungsstärkeren technischen Beschneiung am Berg sehr erfolgreich. Rechtzeitig vor der Schnei-Saison konnte die Anlage in Betrieb genommen werden.
Ein Winter, der keiner war
Genau diese neue Beschneiungskapazität wurde im Winter zu einem entscheidenden Element, um überhaupt ein den Umständen entsprechend sehr gutes Pistenangebot bereitzustellen. Der Winter 22/23 war der schneeärmste Winter seit Beginn der Messungen in unserem Gebiet, wodurch die Herausforderungen auf der Produktseite maximal waren. Mit äusserstem Einsatz von Ressourcen – sei es Energie, Wasser, Treibstoff oder Arbeitsstunden – gelang es uns, praktisch ohne Naturschnee während des gesamten Winters mindestens 120 Pistenkilometer in sehr guter Qualität zur Verfügung zu stellen. Die Gäste dankten uns mit positivem Feedback und erschienen trotz der Umstände zahlreich bis Ende Februar. Ab März brachten einzelne Schneefälle eine Verbesserung, doch mit fortschreitender Frühlingswärme im Unterland mussten wir einen signifikanten Einbruch der Ersteintritte verzeichnen.
Gute Umsätze, ungenügende Performance
Insgesamt verzeichneten wir einen moderaten Rückgang der Ersteintritte auf 1 015 581 (Vorjahr 1 138 607), was angesichts des schneearmen Winters gut war. Auch der Umsatz blieb insgesamt auf einem sehr hohen Niveau. Es ist jedoch erwähnenswert, dass die Ticketumsätze im Verhältnis zu den Ersteintritten einen Rückgang von CHF 4.4 Mio. gegenüber dem Vorjahr verzeichneten, während in anderen Bereichen die Umsätze gehalten oder gesteigert werden konnten. Die Kostenseite entwickelte sich leider unerfreulich. Wir mussten Kostensteigerungen aufgrund erhöhter Energiepreise (Strom, Diesel, Öl, Pellets) akzeptieren. Die allgemeine Teuerung in vielen Bereichen, sei es beim Einkauf, bei Unterhaltsarbeiten oder beim Personal, machte sich ebenfalls bemerkbar. Der hohe Projekt-Appetit der WAG führte zu hohen Planungskosten. Neben diesen erklärbaren und teilweise nicht beeinflussbaren Faktoren funktionierte leider die Ressourcenanpassung an das Gästeaufkommen bzw. die Umsatzentwicklung nicht wie geplant. Diese Performance-Schwäche führte zusammen mit den nicht beeinflussbaren Kostensteigerungen zu einer signifikanten Verschlechterung der EBITA-Marge und einem deutlich niedrigeren EBITDA aus dem operativen Geschäft. Dank den im Frühjahr 2023 vorgenommenen Immobilientransaktionen erreichte die Weisse Arena Gruppe dennoch einen erfreulichen EBITDA von CHF 28.0 Mio. (Vorjahr CHF 45.1 Mio.).
Rege Bautätigkeit
Auch im Berichtsjahr wurde intensiv an den Zukunftsprojekten gearbeitet. Über die Fertigstellung des Beschneiungsprojekts am Crap Sogn Gion wurde bereits berichtet. Im Megaprojekt FlemXpress lag der Fokus im Sommer/ Herbst 2022 auf der Strecke Foppa-Startgels und der Station Startgels. Die Strecke konnte weitgehend fertiggestellt werden, die Station wurde ebenfalls sehr weit entwickelt. Die ausstehenden Arbeiten der ersten Etappe, die Stationen Flims und Foppa sowie die Strecke Flims-Foppa wurden fertig geplant, so dass dem Rückbauder Bahnverbindung Flims-Foppa-Naraus im Frühjahr 2023 nichts mehr im Wege stand. Die Eröffnung der ersten beiden Sektionen ist planmässig auf die Wintersaison 23/24 vorgesehen. Die Arbeiten an der zweiten Etappe konnten im Bereich Segnes ebenfalls gestartet werden. Im rocksresort wurde weiterhin am Neubau der Häuser L und M sowie der Freestyle Academy gearbeitet. Aushub und Hangsicherung konnten im Berichtsjahr fertiggestellt werden. Zudem wurde bereits mit den Hochbauarbeiten für die Freestyle Academy begonnen. Die Übergangslösung für die Freestyle Academy im Zirkuszelt erwies sich publikumsseitig als Glücksfall. Wirtschaftlich standen dem jedoch leider signifikante Herausforderungen, insbesondere im Bereich der Heizung, gegenüber. Es ist daher zu begrüssen, dass einem Bezug der neuen Anlage im 2024, und damit verbunden den Ab- und Aufbauarbeiten ab Ende 2023, nichts im Weg steht.
Dank und Gedenken
Das vergangene Geschäftsjahr hat uns alle sehr gefordert. In solchen Zeiten ist es besonders wichtig, auf motivierte und kompetente Mitarbeitende in gut funktionierenden Teams zählen zu können. Ich danke allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Weissen Arena Gruppe herzlich für ihren herausragenden Einsatz, ihre Kompetenz und ihre Leidenschaft für unsere gemeinsame Sache. Ich erachte es als Privileg, mich auf diese Mannschaft verlassen zu können. Ein besonderer Dank gebührt auch unserer Führungscrew, sei es in den verschiedenen Verwaltungsräten oder in den operativen Führungsgremien. Es war und bleibt nicht einfach, in Zeiten massiver Verwerfungen eine Unternehmung wie die WAG jederzeit richtig zu positionieren und wirtschaftlich zu betreiben. Ich bin überzeugt, dass die Weitsicht und die strategische Kompetenz unserer Verwaltungsräte und die Durchsetzungskraft unserer Operativen die WAG souverän und gewinnbringend in die Zukunft führen werden. Weiterer Dank gebührt wie in den Vorjahren unseren Branchenverbänden Seilbahnen Schweiz mit Hans Wicki, Berno Stoffel und Benedicta Aregger sowie Bergbahnen Graubünden mit Martin Hug und Marcus Gschwend für die hervorragende politische Arbeit in Bern und Chur. Die Qualität der Zusammenarbeit blieb unverändert hoch, auch wenn die Themen sich änderten. Im Weiteren geht ein riesengrosser Dank an unsere Gäste, welche uns jederzeit herausfordern, unser Bestes zu geben und mit ihren Feedbacks helfen, stetig besser zu werden. Zum Schluss möchte ich Andrea gedenken, unserem Lernenden, der am 19. Dezember 2022 bei einem Arbeitsunfall tödlich verunglückte. Sein Tod hat uns tief erschüttert, und das Geschehene ist nach wie vor unfassbar. Ich bin froh und dankbar, dass sich unsere WAG-Familie und die Angehörigen von Andrea in dieser schwierigen Zeit gegenseitig unterstützen und gemeinsam daran arbeiten, diesen unfassbaren Verlust eines jungen Menschen zu verarbeiten. Ich wünsche der Familie von Andrea weiterhin viel Kraft.
Vielen herzlichen Dank und auf bald
Markus Wolf, CEO Weisse Arena Gruppe